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chronikwerkstatt


Beim Mugeler
in der Neunergasse
Beim Mugeler
Winterliches Ensemble: Mugelerhaus mit südlich angrenzendem Mesnerhaus nach der Renovierung.
Texte und Bilder: Josef und Charlotte Erhart, Hans Eder und Julian Raggl
Das Flaurlinger Haus Neunergasse 9, unmittelbar an die Nordseite der Pfarrkirche angrenzend, macht mit seinem markanten Hofbogen, dem wuchtigen Erker, dem reich verzierten und verschalten Giebelbundwerk, dem medaillonförmigen Fresko (Mariä Verkündigung) und der sonstigen Fassadenmalerei nicht den Eindruck eines Bauernhauses. Lediglich der separat errichtete Wirtschaftsteil, ebenfalls verschwenderisch mit Ziergiebelbundwerk geschmückt, verrät die spätere Funktion des alten Widums von Flaurling.
Über die Geschichte des Hauses
In einem Kaufbrief aus dem Jahre 1320 ist erstmals ein Widum in Flaurling erwähnt. Damals war Pfarrer Marquard von Grins als erster Kirchherr in Flaurling (1306-1324) tätig. 1416 soll sich hier der Tiroler Landesfürst, der Habsburger Friedrich IV., besser bekannt als "Friedl mit der leeren Tasche", auf der Flucht von Konstanz kommend, versteckt gehalten haben, bevor er sich der größeren Sicherheit wegen auf die Rofenhöfe ins hinterste Ötztal zurückzog.
1479 bis 1500 beherbergte das alte Widum den wohl berühmtesten Flaurlinger, den Pfarrherrn Sigmund Ris, 1431 in Sterzing geboren, Hofkaplan von Erzherzog Sigmund, hochgelehrt und kunstverständig. 1500 übersiedelte dieser in das heutige Widum im Risschloss.
Das Haus wechselte den Besitzer, vermutlich ein gewisser Neuner, der Haus und Gasse ihre heute noch gebräuchlichen Namen gab: Neunerhaus in der Neunergasse.
Im Jahr 1616 erwarb Dekan Mag. Michael Öggl einen Teil des Grundstücks von Philippen Frizler, um darauf ein Haus für einen Lehrer und Messner - in Personalunion - zu errichten. In der Stiftungsurkunde heißt es dazu:
"... Darauff Ich von Grundt auff ein gemaurtes Stöckl, darunder tieffer Keller, ein schönes Gwölb oder Kassten, oben auf ein Stuben und Camer auß aignem Söckl zuegericht. [...] Alles gar füeglich beisamen gelegen und mit einem Ladenzaun ordenlich umbfangen."

Die Inschrift am Giebelbrett des Mugelerhauses Richtung Neunergasse lautet:
"AMANDUS KAIN* 1707 SEVERINUS MAIR MB MK"
* gest. 03.01.1719

Chronik Flaurling
letzte Änderung 04.02.2017
Ein Streifzug durch das Anwesen...
Unter Denkmalschutz
1977 wurde das ehemalige Widum, Hausnamen "Mugeler" vom Bundesdenkmalamt unter Hofrat Menardi unter Denkmalschutz gestellt. Nicht nur wegen seines Äußeren sondern auch zwecks Erhaltung der wuchtigen Tonnen- und der schlanken Stichkappengewölbe in seinem Inneren. Eine umfassende Gesamtrenovierung erfolgte in den Jahren 1982/83, also vier Jahre vor Beginn der Flaurlinger Dorferneuerung: Neue bleiverglaste Fenster, Innenisolierung, Zentralheizung, neue Böden und Türen, Wiederherstellung der zwischenzeitlich übermalten Fassadenmalerei mit Eckquadern und Fensterumrahmung sowie Renovierung und Konservierung des Freskos. Gemeinsam mit dem 1987 renovierten angebauten Mesnerhaus ist das Mugelerhaus ein ortsbildprägendes Ensemble im Flaurlinger Dorfzentrum.
Chronik Flaurling
Der Stall, neu renoviert
In Mugelers altem Stall mit seinen breiten Gewölben wurden im 20. Jahrhundert bis zu 11 Stück Rindvieh (6 Kühe und 5 "Galtlig"), 2 Schweine und bis zu 90 Legehennen gehalten. Darunter auch der legendäre "Mugeler Ochs", der bis zur Anschaffung eines Steyr-Traktors vor das Fuhrwerk oder im Winter vor die Holzstämme gespannt wurde.
Stall und Stadel wurde in den Jahren 1980-2009 an die geänderten Anforderungen angepasst und für Haltung und Zucht von Hühnern, Schafen und Haflingerpferden genützt.
Stall
2011 erfolgte eine aufwändige Renovierung der Gewölbe im Stall. Die Beschaffenheit des Mugeler-Stalls als Gewölbestall lässt auf eine frühe Errichtung dieses Wirtschaftsgebäudes schließen. Es ist davon auszugehen, dass erst ein späterer Besitzer des Hauses Stall und Stadl errichten ließ, da das Mugelerhaus ursprünglich kein Bauernhaus war. Das wäre auch eine Erklärung für die räumliche Trennung vom Haus und Stall, welche in Tirol eher unüblich war. Es darf angenommen werden, dass die Mure des Jahres 1701 an den Holzteilen des Wirtschaftsgebäudes Schaden angerichtet hat, worauf auch die Inschrift am Ziergiebelbundwerk schließen läßt: AMANDUS KAIN* 1701 MAD BL.
Susanne Erhar