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chronikwerkstatt


Das heilige Grab
in der Pfarrkirche zur hl. Margaretha in Flaurling

Heiliges Grab
Das Heilige Grab nach der Renovierung.
Alle Bilder wurden uns von Herrn Hans Eder zur Verfügung gestellt. Wir bedanken uns herzlich!
Eines der Flaurlinger Kleinode ist das 1829 von Johann Baptist Daum gemalte Heilige Grab in unserer Pfarrkirche. Seine Besonderheit liegt in den Motiven der Kulissen. Die Gartendarstellung als Dekoration findet sich hier erstmals in Tirol. Auch heute noch füllt es zur Osterzeit den gesamten Altarraum. Vor allem abends, wenn die brennenden Kerzen hinter den bunt leuchtenden Grabkugeln entzündet sind, kommt die Idee des Ostergrabes zum Tragen...
Von Mittwoch in der Karwoche bis etwa Freitag nach Ostern ist das Heilige Grab aufgebaut. ... zum Video

Früher war es so...
Alljährlich am Mittwoch in der Karwoche stellten Männer aus dem Dorf, unter der Leitung vom Kirchprobst, das Grab auf. Als Belohnung gab es beim "Stoaner" eine gute Jause mit frischem Mohnstrudel.
Zum Füllen der gläsernen Kugeln mit farbiger Flüßigkeit, mußten die Ostereier von den Frauen rechtzeitig gefärbt werden. Die bunten Kugeln bilden noch heute ein glänzendes Ornament in der Scheinarchitektur. In den Kulissen werden nach wie vor 48 Kerzen, die früher von einer Flaurlinger Familie spendiert wurden, angeordnet. Am Karfreitag wird dann das Bild des Leichnams Christi in die Grabkammer gestellt. Es wird während der Auferstehungsfeier entfernt und in dem Laubkranz darüber erscheint das Bild vom "auferstandenen Christus".
Zwei auf Holz gemalte römische Soldaten bewachen das Grab. Früher wurden sie in dem Augenblick, da Christus aus dem Grab verschwand und als Auferstandener im "Paradiesbaum" erschien, schadenfroh umgeworfen...

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Ansicht Heiliges Grab
Inschrift - close-up Inschrift "Am dritten Tage wird er auferstehen. Luc XVIII" Darüber befindet sich das Symbol des Pelikans (aufopfernde Liebe), als Abschluss des ersten Bogens.
Der Auferstandene - close-up Während er Auferstehungsfeier wird das Grab geleert und der Auferstandene in den Laubkranz gestellt.
Balustrade - close-up Balustrade
Garten - close-up Bäume im Garten Gethsemane.
Signatur - close-up Auf der Rückseite befindet sich die Signatur des Malers (Johann Daum 1829) und der Hinweis auf die Restaurierung dieser Kulisse 1990.
Garten - close-up Bäume im Garten Gethsemane.
Grabstätte - close-up Der Leichnam Jesu in der Grabkammer.
Römer - close-up Einer von 2 Römern, die das Grab bewachen. Sie werden am Karsamstag entfernt. (Gesamtaufnahme und Ausschnitt).
Römer - close-up Ein römischer Soldat links vor dem Grab. Die Wächter werden am Karsamstag entfernt. (Gesamtaufnahme und Ausschnitt).
Perspektivisch verjüngen sich die gestaffelten Kulissenbögen zur Grabkammer.
Im Gespräch mit Mag. Hemma Kundratitz
Hemma Kundratitz ist zu Besuch bei Walburga Mair in Flaurling. Ich nütze die Gelegenheit, um mich mit ihr zu treffen. Wir sprechen über die damalige Arbeit am Heiligen Grab.
Die Restauratorin hat sich die Bilder auf der Webseite bereits angesehen. "Es ist kaum zu glauben, dass es jetzt schon 20 Jahre her ist."
Sie erinnert sich gerne an die Zeit in Flaurling. Im Februar war sie jedes Jahr für 2-3 Wochen im Dorf. Draußen war es Winter. Im hellen Kindergarten, der ihr als Atelier zur Verfügung stand, arbeitete sie an einem südländischen Garten, restaurierte Palmen und Zypressen. Das war eine sehr schöne Arbeit.
Vor uns liegt das Buch "Heilige Gräber in Tirol" von R. Rampold aus dem Jahr 2009. Das enthält doch sehr viele Ostergräber. Ich möchte von ihr wissen, was aus heutiger Sicht das besondere an der Restaurierung des Flaurlinger Grabes war? "Man könnte sagen, es war eine Pionierarbeit in Bezug auf die Wiederbelebung der Heiligen Gräber. Nach Patsch und Kramsach war es das dritte Grab, das ich restauriert habe. Restaurieren heißt, es wurden die vorhandenen Teile gereinigt, die Leinwände verstärkt und neu gespannt. Bei den aus dem 19. Jahrhundert stammenden Malereien wurden nur die mechanischen oder durch Wasser entstandenen Beschädigungen ausgebessert..." H.K. So ist die Originalarbeit von J. B. Daum heute noch gut erhalten. Was in den 1980er Jahren begann, wurde in Tirol zu einem regelrechten Boom. Viele Gräber erstrahlen seither in frischem Glanz. Zum Bedauern der Restauratorin wurden sie aber vermehrt renoviert, statt restauriert. Das heißt, die Kulissen wurden teilweise so übermalt oder ersetzt, dass vom Original oft nicht viel erhalten blieb. Das ist sehr schade, aber damals, in Flaurling war das anders!
Dies ist vor allem auf den Einsatz des Gartenbauvereins, unter der damaligen Obfrau Walburg Mair zurück zu führen. Er war der Auftraggeber und es musste viel bewegt werden, um die Finanzierung der Arbeiten zu sichern und damit eine fachgerechte Restaurierung zu garantieren!
Seit dieser Zeit hat sich der Gartenbauverein stets um das Ostergrab gekümmert und im Zuge der Kirchenrnovierung (2010) eine neuerliche Restaurierung organisiert und finanziert.
Und so wird dieses luftig helle, an den Garten Gethsemane erinnernde Ostergrab in der Pfarrkirche zur hl. Margaretha in Flaurling auch dieses Jahr in der Osterzeit die Besucher erfreuen.
März 2012 arw
20 Jahre ist es nun her,
dass die Restaurierungsarbeiten der letzten Teile des Heiligen Grabes (Wächterfiguren) in Angriff genommen wurden (Februar/März 1992 durch Mag. Hemma Kundratitz).
"Zum erstenmal seit dem Jahre 1829 legt eine Restauratorin Hand an die stark verschmutzten, von Rissen durchzogenen Leinwände. Die Malerei sieht da und dort ziemlich verzerrt aus, weil die Spannung nachgelassen hat.
Die akademische Restauratorin Hemma Kundratitz verwandelte einen hellen Raum im Gemeindezentrum in ein Atelier, wo sie in mühevoller Kleinarbeit behutsam und gewissenhaft die beschädigte Originalmalerei erneuerte und alle Fehlstellen ergänzte. Die junge Restauratorin hat sich schon bei der Restaurierung der Ostergräber in Patsch und in Kramsach bewährt. H.K. Immer wieder schauen ihr bei der diffizilen Arbeit die engagierten Ausschußmitglieder des
Gartenbauvereins über die Schulter. Die Erneuerung des Ostgrabes ist ein richtiges Anliegen des ganzen Dorfes, sonst hätten sich nicht soviele für das Gelingen der Basare eingesetzt.
Nun ist die vorderste Front der Kulisse und ihre Architekturmalerei in neuer Schönheit entstanden. Die zweite bis vierte Ebene zeigt die typischen pflanzlichen Motive. Der zentrale Raum der ganzen Anlage, nämlich das eigentliche Grab, liegt vor den Stufen zum Hochaltar. Über dem Grab grünt der Paradiesbaum in die Höhe. In einem aus Blättern gebildetem Rahmen wird der Auferstandenen erscheinen."
schrieb Herbert Buzas (März 1989) in der TT über die ersten Restaurierungsarbeiten.
Alljährlich, seit 1989...
Am Mittwoch der Karwoche, lädt der Gartenbauverein Flaurling zu einem Passionssingen ein. Vor dem Ostergrab, das die Flaurlinger Landjugend aufstellt, singen und spielen Volksmusikgruppen Musik zur Passion Christi. Bild vom Ostergrab Umrahmt von Texten und Gedanken zur Leidensgeschichte Jesu, soll es zur Vorbereitung auf die Geschehnisse der kommenden Tage dienen./> Anschließend werden die Besucher zum Fastensuppen-Essen in das Gemeindezentrum eingeladen. Diese Suppe wird alljährlich von Frieda Praxmarer vom Gasthof "Goldener Adler" zubereitet, um die Besucher zu stärken und um den Abend gemeinsam ausklingen zu lassen.
Geschichte der Heiligen Gräber
Heiliges Grab
Die Heiligen Gräber haben in Tirol eine lange Tradition, die sich bis ins späte Mittelalter zurückverfolgen lässt. Sie erfüllten den Zweck, den Gläubigen die Passion Christi in Bildern anschaulich näherzubringen. Bald wurden Seitenkapellen, ja ganze Presbyterien mit Heiliggrab-Aufbauten ausgefüllt. Die frühesten erhaltenen Gräber stammen aus dem 18. Jahrhundert. Sie sind von hervorragender künstlerischer Qualität, wie das Heilige Grab der Stiftskirche Wilten (1708), dem größten und bedeutendsten Ostergrab der Tiroler Kunstgeschichte.
Im Rokoko war die Hochblüte der Heiligen Gräber in Tirol. Es entstanden riesige Scheinarchitekturen, wie das vierkulissige Ostergrab der Pfarrkirche von Moos in Passeier (1770). Unter Kaiser Joseph II. wurden die Heiligen Gräber als "Sensationen", die die wahre Andacht verhindern, verboten. Zahlreiche Ostergräber fielen auch der bayerischen Herrschaft (1805-1814) zum Opfer.
Im 19. Jahrhundert kam es zu einem erneuten Aufschwung der Verehrung Heiliger Gräber, die erst mit den Liturgiereformen Mitte des 20. Jahrhunderts ein jähes Ende fand.
Seit den 1980er-Jahren erstrahlen jedoch immer mehr der, oft wertvollen Kunstwerke wieder in neuem Glanz. Die Heiligen Gräber gehören sowohl aus kunsthistorischer als auch aus volkskundlicher Sicht zum kulturellen Erbe unseres Landes. Wenn die bunten Glaskugeln aufgestellt werden, geht man wieder "Heilige Gräber schauen" in Tirol.
Aus "Heilige Gräber in Tirol" von Reinhard Rampold.
Tipp:
In der Pfarrbücherei Flaurling steht dieses Buch (2009) und "Heilige Gräber in Tirol, ein Osterbrauch in Kulturgeschichte und Liturgie" (1987) zum Ausleihen zur Verfügung.
Doku Restaurierung 1989-1992 unrestaurierter Grabteil